Mein Kelch ist Genügen. Bibelhebräisches zu Psalm 23

 


"Taaroch le fanaischulchan nägäd zoreraj. Dischanta baschämen roschi. Kosi revaja". 

Mit Vers 5 wechselt das Bild. Der Hirte verwandelt sich in einen Gastgeber, der mir den Tisch deckt, wie Luther übersetzt. Wobei: der Tisch wird nicht bloss gedeckt, sondern "gerüstet". Die Verbwurzel Ajin, Resch, Qoph meint tatsächlich die Vorbereitung auf eine Schlacht. 

Spannend, denn dieser Tisch steht ja auch nicht einfach nur irgendwo in der Gegend herum, sondern an einem gefährlichen, beängstigenden Ort: unmittelbar gegenüber von dem, der mich befeindet. 

Nicht meinem Feind, wohlgemerkt. 

Was einen feinen und und zugleich enormer Unterschied macht. Denn wer mich heute befeindet, wird vielleicht, hoffentlich, schon morgen mit mir Frieden schliessen wollen. 

Ein grammatikalisches Detail also, das voller Hoffnung steckt! - "Zoreraj", wer hier an "Zorres" denkt ("Mach nicht so einen Zorres"), liegt goldrichtig. Es ist ein altes jiddisches Wort, das wie selbstverständlich zu unserem Wortschatz gehört. 

Die zugrundeliegende Verbwurzel bedeutet übrigens u.a. "eng machen". Sie findet sich auch in "Mizraim", dem hebräischen Namen für Ägypten, das Land, in dem die Israelit:innen als Sklav:innen gelebt haben. 

Wer Hebräisch lernt, entdeckt laufend solche Querverbindungen, die in der Übersetzung verloren gehen. 

An Gottes Tisch erwartet mich nicht nur ein gutes Essen, sondern noch ein weiteres Zeichen göttlicher Wohltat und Wertschätzung: 

Die Salbung mit kostbarem Öl. 

Ausserdem ein Trank besonderer Art. Wo Luther übersetzt: "... und schenkst mir voll ein", heisst es auf Hebräisch wortwörtlich: "Mein Kelch ist Genügen"

Kein sinnloser Überfluss auf Kosten anderer. 

Kein Trank, der mich berauscht oder besoffen macht (dafür gäbe es im Hebräischen ein eigenes Verb). 

Nein, der Kelch, der mir an Gottes Tisch gereicht wird, stillt meinen Durst, lässt mich wahrhaft zufrieden sein. 

 

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